Zu Gast bei der FreiheitsBusiness Konferenz am 28. & 29. Juli 2017 in Hamburg

Bei einer Business-Konferenz denken viele sicher an Tagungshotels, trockene Themen und jede Menge Anzugträger. Die FreiheitsBusiness Konferenz ist augenscheinlich das genaue Gegenteil: Im schicken „Mindspace“, wo sonst vor allem Selbstständige als Coworker ihrer Arbeit frönen und auch einige Firmen sich in die gläsernen Büros einquartiert haben, treffen sich angehende digitale Nomaden und lauschen ihren Vorbildern. Anzüge sucht man vergebens, der Altersschnitt dürfte bei 30 liegen. Etwa ein Drittel der Teilnehmer sind weiblich – auch Frauen träumen vom passiven Einkommen und ortsunabhängigen Arbeiten. Also einem Business, das die namensgebende Freiheit bringt. Viele sind extra nach Hamburg gereist, um ihrem Ziel so ein Stück näher zu kommen.

Gastgeber Markus Gabor

Gastgeber Markus Gabor

Frederic Breiler

Frederic Breiler

Bereits zum dritten Mal organisiert Markus Gabor dieses Event. Bei unserem Treffen vor einigen Monaten erzählt er davon, wie sehr ihn das Thema fasziniert – ein fester Job das ganze Leben lang, das reizt ihn wenig. Möglichkeiten zum Austausch unter Gleichgesinnten findet er keine, also organisiert er kurzerhand selbst eine Konferenz und lädt passende Speaker ein. Der Erfolg überrascht ihn –  jede Konferenz ist größer als die vorherige, dieses Mal geht sie erstmalig über zwei Tage. Die etwa 150 Teilnehmer füllen den Mindspace gut aus, die vierte Auflage wird vermutlich eine größere Location benötigen.

Nick Martin

Nick Martin

Theresa Lachner

Theresa Lachner

Markus trifft mit der „FBK“ also offenbar einen Nerv, und das wird auch zum Auftakt schnell deutlich. Seine Eröffnungsrede kommt gut an,  besonders der Teil mit den veganen Speisen, dem extra gebrauten „FreiheitsBier“ und dem Gin-Ausschank am Abend. Auch mein Impulsvortrag „Einfach gründen“ erhält freundlichen Applaus, aber natürlich sind die Menschen wegen der anderen Redner hier. In den folgenden Stunden hören wir, was Gründen mit Surfen gemeinsam hat, warum selber denken fetzt, warum man sich jeden Tag neu erfinden sollte und man keine „productivity hacks“ braucht. Authentizität bringt Erfolg beim „Personal Branding“, man sollte so ziemlich alles kritisch hinterfragen und mit Vanille lässt sich Geld verdienen – auch das erfahren wir am Freitagabend, ein paar Lebensweisheiten und Anekdoten inklusive.

Tim Chimoy

Tim Chimoy

FreiheitsBusiness Konferenz

FreiheitsBusiness Konferenz

Die Speaker bringen ihre Themen gut rüber und wirken erstaunlich geerdet, Gurus und Selbstdarsteller sind nicht darunter. Sie spulen keine perfekt einstudierten Vorträge ab, sondern sind authentisch und nah beim Publikum – das zählt an diesem Abend mehr als besonders tiefgreifende Erkenntnisse, sind doch viele der Themen seit Jahren Bestandteil diverser Lifestyle-Magazine, Blogs und Selbstfindungs-Seminaren. Würde man nach Äußerlichkeiten gehen, würde man die Cap- und Turnschuh-tragenden, tätowierten Redner nicht ohne weiteres für erfolgreiche Unternehmer halten. Aber die zwölf jungen Männer und zwei Frauen auf der Bühne haben es geschafft, reisen um die Welt und verdienen ihr Geld mal von Bali aus, mal von Shanghai. Dafür sind sie in der Szene bekannt und haben natürlich jede Menge Fans und Follower in den sozialen Medien, die an ihrem Leben als digitale Nomaden teilhaben. Das Erzählen über dieses Leben ist für einige der Redner zu einem lukrativen Nebeneinkommen geworden. Dabei geben sie offen zu, dass auch dieses Leben nicht immer glücklich macht und oft von Einsamkeit geprägt ist. Bei der abschließenden Diskussionsrunde wird es dann sogar ein wenig philosophisch, nicht zuletzt durch die Fragen aus dem Publikum nach Selbstzweifeln, Zielen und der Bedeutung von Beziehungen.

Bastian Barami

Bastian Barami

Robert Gladitz

Robert Gladitz

Sebastian Kühn

Sebastian Kühn

Mein persönliches Highlight des ersten Tages: Robert, der Personal Branding Spezialist und Gründer eines Berliner Coworking Spaces, lässt uns eine Übung machen, die er auf einer seiner Reisen kennengelernt hat: Einfach dem Menschen neben sich zwei Minuten lang erzählen, was einen grad bewegt und wie es einem geht. Danach dem anderen zwei Minuten zuhören und schon sollen sich ein befreiendes Gefühl und gute Laune breit machen. Ich bin skeptisch, schütte aber nach kurzem Zögern der sympathischen Dame aus der Reihe vor mir mein Herz aus: Für mich ist die Konferenz berufsbedingt eines von vielen Gründerevents; mit den Themen bin ich größtenteils vertraut und daher nicht ganz so leicht zu begeistern wie die restlichen Teilnehmer. Ich ärgere mich über diese „Abgestumpftheit“ und bin überrascht, dass es meiner zufälligen Gesprächspartnerin ähnlich geht. Auch sie verbringt viel Zeit auf solchen Events, ist vor allem müde und freut sich aufs Hotelbett. Die 2×2 Minuten vergehen blitzschnell, wir bedanken uns und schon ist der überraschend intime Moment vorbei. Und tatsächlich, diese kleine Überwindung, diese Offenheit einem fremden Menschen gegenüber bringt ein warmes Gefühl, vertreibt die Müdigkeit und zaubert ein Lächeln aufs Gesicht. Wow.

Sebastian Berlein

Sebastian Berlein

Mindspace

Mindspace

Der zweite Konferenztag wird deutlich „handfester“, es geht um eCommerce und speziell Amazons Service „FBA“ (Fulfillment by Amazon), der sich zurzeit großer Beliebtheit unter Gründern erfreut – ermöglicht er es doch, den Handel von eigenen oder fremden Produkten komplett von Amazon abwickeln zu lassen. Ob nun vom eigenen Wohnzimmer aus oder von einer Südseeinsel, das ist egal – und genau darum geht es ja. Hauptsache, es ist ein stabiler Internetzugang verfügbar. Die Spezialisten stellen Tools vor und zeigen Wege, das richtige Nischenprodukt zu finden. Ob „Personal Brand“ oder Handelsmarke erfolgversprechender sind, darüber herrscht keine absolute Einigkeit. Viele Wegen führen zum Erfolg, aber man kann auch schnell mal „10.000,- Euro bei Amazon verbrennen“ – das ist der Titel des letzten Vortrags, der den angehenden Weltenbummlern verdeutlicht, was alles schief gehen kann auf dem Weg in die Freiheit.

Markus Winterscheidt

Markus Winterscheidt

Diskussionsrunde

Diskussionsrunde

FreiheitsBier

FreiheitsBier

Die Konferenz endet mit einem weiteren tosenden Applaus für Markus – und der ist verdient: Die Konferenz ist bestens organisiert, kein Stück langweilig und die Ticketpreise sind fair. Auch kulinarisch bleiben keine Wünsche offen. Zwischen Pitch-Events, Gründerstammtischen und Startup-Talks hat sich die FreiheitsBusiness Konferenz ihren Platz mit Leichtigkeit erobert. Als Gründungsberater fühle ich mich hier natürlich ebenfalls wohl, treffe gleich vier ehemalige Kunden und werde in den Pausen etliche Male auf meine Spezialthemen angesprochen: Fördermittel, Finanzierung, Businessplan. An dem Punkt unterscheiden sich digitale Nomaden nicht von anderen Gründern.

Ich freue mich auf die nächste FreiheitsBusiness Konferenz und hoffe, dass sie weiter so gut gelingt und ankommt!

 

Über den Autor

Frederic Breiler, Jahrgang 1975, ist Gründungsberater mit Leib und Seele und selbst seit 2004 selbstständig. Durch seinen Hintergrund als Bankkaufmann, Fachkaufmann für Marketing, Kommunikationswirt und zertifizierter Gründungsberater hat er jede Menge Gründungs-Know-how – und mit weit über 1000 Beratungen auch jede Menge Erfahrung. Als Gründungsexperte hat er diverse Interviews gegeben, mehrere Fachartikel veröffentlicht und ist Stammgast auf Gründungsevents. Seit 2015 leitet er .garage startups hamburg.